CHEOPS

Der Weltraum aus Kindersicht

July 1st, 2016

„Das Weltall bietet viel Spielraum, um die eigene Fantasie einzubringen“, sagt Anna Lehninger. Die Kunsthistorikerin erforscht Kinderzeichnungen als Kulturgut und hat sich die Ergebnisse der Zeichenaktion angeschaut, die im Rahmen der CHEOPS-Mission durchgeführt wurde. 3000 Zeichnungen werden zusammen mit dem CHEOPS-Weltraumteleskop Anfang 2019 ins All fliegen. Darunter ein Bild, das Anna Lehninger spontan schmunzeln lässt: Es zeigt ein Robotermännchen, dessen Kopf einem alten Fernsehgerät gleicht. Vom Horizont aus beobachtet ein freundliches, fremdes Wesen die Szene. Am Himmel ist ein erdähnlicher Planet zu sehen. „Ein witziges Bild mit dieser marionettenhaften Gestalt“, sagt die Kunsthistorikerin: „Beim Durchsehen der Zeichnungen bin ich immer wieder auf Bilder gestossen, in denen Ufos herumfliegen und kleine Männchen den Weltraum bevölkern. Das sind gängige Vorstellungen, die man auch im Internet findet, und häufig haben die Kinder eigene, erfinderische Elemente hinzugefügt.“ GBR-004_B14-7EG-600x363CHEOPS, kurz für „CHaracterising ExoPlanet Satellite“, ist die erste wissenschaftliche Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA unter Schweizer Leitung. Im Rahmen der Zeichenaktion haben Kinder aus der Schweiz und anderen ESA-Mitgliedstaaten Tausende von Bildern zum Thema Weltall eingeschickt. Die ausgewählten Werke werden verkleinert, auf Metallplaketten eingraviert und auf dem Satelliten montiert. Deshalb mussten die Kinder ihre Bilder in schwarz-weiss gestalten. „Schon früher gab es Zeichenwettbewerbe, bei denen man die Bilder für die Reproduktion nur in vorgegebenen Techniken einreichen konnte“, erzählt Anna Lehninger, die ein Buch über Zeichenwettbewerbe für Kinder verfasst hat. [fusion_builder_container hundred_percent="yes" overflow="visible"][fusion_builder_row][fusion_builder_column type="1_1" background_position="left top" background_color="" border_size="" border_color="" border_style="solid" spacing="yes" background_image="" background_repeat="no-repeat" padding="" margin_top="0px" margin_bottom="0px" class="" id="" animation_type="" animation_speed="0.3" animation_direction="left" hide_on_mobile="no" center_content="no" min_height="none"] [caption id="attachment_7635" align="alignright" width="450"]DSC_0380-500x409 Anna Lehninger im Archiv der Kinder- und Jugendzeichnung der Stiftung Pestalozzianum in Zürich. (Bild PlanetS)[/caption] Die Kunsthistorikerin steht im Keller der Pädagogischen Hochschule Zürich inmitten von Schränken und Gestellen, in denen eine der umfangreichsten Sammlungen von Kinderzeichnungen in Europa lagert, im Archiv der Kinder- und Jugendzeichnung der Stiftung Pestalozzianum. „Die Zeichnungen sind ein wertvolles Kulturgut; sie zeigen, welche Vorstellungen Kinder und Jugendliche durch das 20. Jahrhundert hindurch beschäftigt haben“, sagt die Kuratorin des Archivs. „Dabei war das Thema Weltraum schon in den 1920-er und 1930-er Jahren präsent, lange vor der Weltraumfahrt.“ Wie stark sich danach das Bild von Neil Armstrong mit US-Flagge auf dem Mond eingeprägt hat, lässt sich noch heute feststellen: Das Sujet ist auch auf manchen CHEOPS-Zeichnungen zu erkennen. „Das ikonische Bild wird aber auch umgedeutet – beispielsweise mit Schweizer Flagge“, so Lehninger. Spiegelbild der Medien „Anhand der Kinderzeichnungen lässt sich gut ablesen, wie das Thema Weltraum in den Medien, insbesondere in Kinder- und Jugendmedien, präsentiert wird“, zieht die Kunsthistorikerin Bilanz: „Wir haben bestimmte Vorstellungen und Bilder, die wir dann für die eigene Bildgestaltung heranziehen.“ Deutlich zu erkennen seien zudem Einflüsse von Buchillustrationen und insbesondere Comics. So äussern sich nicht nur Erdbewohner, sondern auch Ausserirdische in Sprechblasen. Neben den oft humoristischen Bildern eines bevölkerten Weltalls gibt es aber auch einen grossen Anteil von klassischen Darstellungen des Sonnensystems mit den Planeten. „Ich denke, dies ist stark vom Schulunterricht geprägt und zudem eine Altersfrage. Ältere Kinder interessieren sich auch für die wissenschaftlichen Aspekte des Themas und deren Darstellung“, sagt Anna Lehninger.   [/fusion_builder_column][fusion_builder_column type="1_1" background_position="left top" background_color="" border_size="" border_color="" border_style="solid" spacing="yes" background_image="" background_repeat="no-repeat" padding="" margin_top="0px" margin_bottom="0px" class="" id="" animation_type="" animation_speed="0.3" animation_direction="left" hide_on_mobile="no" center_content="no" min_height="none"] [gallery size="medium" link="file" ids="7642,7639,7645,7651,7657,7648"] Auch das CHEOPS-Weltraumteleskop selbst ist ein beliebtes Sujet. „Oft handelt es sich um eher technische Darstellungen, interessanterweise fliegt es aber auch durch die Comic-Bilder“, sagt die Expertin. Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern konnte sie nicht ausmachen – im Gegenteil: Eine Begrüssungsszene zwischen irdischen Astronauten und fremden Wesen im All sieht in der spanischen Version erstaunlich ähnlich aus wie in der schweizerischen. Und auf vielen Bildern ist zu erkennen, dass Weltraumfahrt als ein völkerverbindendes Unterfangen behandelt wird. Das Spiel mit der Vorgabe „Vieles ist ähnlich, manches sticht aber auch heraus“, sagt Anna Lehninger und zeigt das Bild einer wunderschönen, spanischen Astronautin, die einen Helm mit dem Logo „CHEOPS SPACE“ trägt. „Man denkt unmittelbar an aktuelle Sciencefiction-Filme wie „Interstellar“, „Gravity“ oder „Der Marsianer“ – das finde ich sehr spannend“. Was wohl dahinter steckt? „Beim Betrachten solcher Zeichnungen ist man verleitet, sich alles Mögliche zu denken“, sagt Anna Lehninger: „Aber man sollte auch nicht zu viel hinein projizieren.“ Vielleicht habe einfach jemand Zeit gehabt, dem Zeichner/der Zeichnerin Porträt zu sitzen und die Arbeit sei als sich selbst gestellte Gestaltungsaufgabe interessant gewesen. ESP-002_11200-600x360ESA-263_78901-600x361 Ins Auge fällt auch die märchenhafte Burg auf dem bewaldeten Hügel vor einer grossen Himmelsscheibe. „Das ist eine ganz andere Sicht auf den Weltraum“, sagt Anna Lehninger. Ist der Mond so nahe an die Erde gerückt oder befinden wir uns auf einem fernen, bewohnbaren Planeten? „Wie bei allen Zeichenwettbewerben, die ich bis jetzt gesehen habe, ist da immer das Spiel mit der Vorgabe, an der man sich orientiert, und aus der man dann etwas Eigenes kreiert“, sagt die Expertin: „Und weil man doch noch relativ wenig weiss über den Weltraum, bietet er eine ideale Plattform, um die eigene Fantasie einzubringen.“ Ob lustige Ausserirdische, detailgetreue Planeten und Satelliten oder die Überraschung, die heraussticht: „Da sind diese bestaunenswerten Dinge, die Faszination, die man ins Bild bringt“, sagt Anna Lehninger: „Jedes Bild zeigt einen anderen Zugang zum Weltraum.“ (bva) CHEOPS-Kinderzeichnungen: http://cheops.unibe.ch/childrendrawings/ Anna Lehninger: Vor-Bilder. Nach-Bilder. Zeit-Bilder, Kommerzielle Zeichenwettbewerbe für Kinder in der Schweiz, 1935-1985, Chronos-Verlag, 2015, ISBN 978-3-0340-1304-8 Archiv der Kinder- und Jugendzeichnung der Stiftung Pestalozzianum     [/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]